10.05.1989

IV K 99 1590-1 wird Ausstellungsstück im Raw Leipzig-Engelsdorf

Mit einer Festveranstaltung wurde am 10.5.1989 im Reichsbahnausbesserungswerk Leipzig-Engelsdorf die optisch aufgearbeitete IV K 99 1590-1 als Ausstellungslok auf einem kurzen Gleisstück eingeweiht. Die Aufarbeitung erfolgte durch Lehrlinge und Schüler im PA-Unterricht im Raw.

Die unten folgende Rede wurde durch den Werkleiter vor Beschäftigten des Werkes und Schülern der beteiligten Schulen vorgetragen:

Wir begingen am 7. April 1989 das 150jährige Bestehen der ersten deutschen Ferneisenbahn Leipzig-Dresden. Das 19. Jahrhundert wird nicht zu Unrecht als Jahrhundert der Eisenbahnen bezeichnet und die stürmische technische und ökonomische Entwicklung setzt sich in der ganzen Welt auch heute noch fort.

Um in Euch, liebe Jugendliche, das Interesse an der Eisenbahn und zu einem Eisenbahnerberuf zu wecken, schlossen wir gemeinsam mit den Schülern der Friedrich-Engels-Oberschule einen Vertrag über ein gemeinsames Jugendobjekt ab. Heute ist es realisiert.

Unser Raw wird im Dezember 84 Jahre alt, 4 Genrationen haben hier Dampflokomotiven repariert, sicher auch Eltern oder Verwandte von Buch. Hier wollen wir diese Tradition würdigen. Schwer war damals die Arbeit in den Werkhallen. Der technische Ausrüstungsgrad war gering, es fehlte die elektrische Kraft. 1911 wurde die erste elektrische Handbohrmaschine eingeführt, damals eine Sensation.

9 Stunden betrug die Arbeitszeit und der Lohn eines Arbeiters betrug damals 5,– Rentenmark in der Woche.

Am 16. April 1945 wurde der Ort Engelsdorf von amerikanischen Truppen besetzt. 6 Tage vorher am 10. April haben Sie durch einen sinnlosen Terrorangriff zu 85 % unser Werk zerstört. Damit meinten Sie, könnten Sie den Wiederaufbau in der damaligen sowjetischen Besatzungszone entscheidend schwer gestalten. Ginge es nach den Amis, wäre des Werk nie wieder aufgebaut worden. Am 9. Juni 1945 kam die Sowjetarmee. Unter ihren Schutz konnte die Arbeit zur Normalisierung des Lebens in Angriff genommen werden.

Klassenbewußte Werktätige setzten nach den Aufräumungsarbeiten die Produktion wieder in Gang. Schon im September 1945 waren die ersten Reisezugwagen und Lokomotiven repariert und nahmen ihren Dienst auf.

Durch die kluge Politik der Partei der Arbeiterklasse, im Bündnis mit allen jenen Menschen, die bewußt und tatkräftig für Frieden und Aufbau wirkten, hat sieh das Raw zu einem geachteten sozialistischen Großbetrieb entwickelt. Heute sind wir für die Erhaltung des Kesselwagenparken verantwortlich, bauen neue gedeckte Güterwagen und stellen Rationalisierungsmittel für die Deutsche Reichsbahn her. Wir Werkstätten-Eisenbahner haben über Jahrzehnte Dampflokomotiven repariert. Unser Herz und das vieler Enthusiasten hängt an dem einstmalst technischen Wunderwerk. Um nun auch künftigen Generationen einen Einblick in die Entwicklung der Eisenbahn zu geben, haben wir mit diesem gemeinsamen Jugendobjekt eine Schmalspurlok aufgearbeitet. Seit jeher vermochten Lokomotiven an der Spitze eines Zuges viele Menschen zu begeistern. Die Fahrzeugparade am 8. und 9. April in Riesa hat das sehr anschaulich dokumentiert. Egal ob das Ding schnaubte und fauchte oder sich elegant, und sozusagen auf leisen Sohlen, durch die Landschaft bewegte. Lokomotivführer, das war und ist auch heute noch der Traum vieler Jungen.

So ein Ding seht ihr hier. Diese Schmalspurlok wurde am 19. April 1913 von der Deutschen Reichsbahngesellschaft mit der Betriebsnummer 99 590 in Dienst genommen. Die Sächsische Maschinenfabrik AG vormals Richard Hartmann war der Hersteller. Es ist eine Vierzylinder-Naßdampf-Verbundlokomotive. 96 Stuck wurden davon gebaut. Sie hatte eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h und eine Spurweite von 750 mm. Sie ist 9 m lang und erzeugte in ihrem Kessel einen Dampfüberdruck von 1,5 MPa (15 atü) und hatte ein Dienstgewicht von 26,5 t. Sie war auf den Strecken in und um Zittau, Hilbersdorf, Buchholz, Kirchberg/So und um Aue im Einsatz. Sie ist nach ihren Betriebsbüchern 1,2 Millionen km gefahren. Also rund 30 x um die Erde. Am 7. April 1981 schied die Lok aus den Betriebsdienst der Deutschen Reichsbahn aus.

Nun haben wir sie in unser Werk geholt und soll einen Einblick in ein Stück Eisenbahngeschichte vergegenständlichen.

Mein Dank gilt allen Schülern besonders Thomas Zeller und André Körner von der Fr.-Engels-Oberschule und auch den Schülern Tino Jacob und André Krause von der Adolf-Diesterweg-Sohule. Sie waren die fleißigsten Helfer, die unter Leitung der Kollegen Schammler, Manfred; Schulze, Werner und Jentzsch, Achim von der PA 3 sich für die Restaurierung so engagiert haben. Dank auch allen anderen Schülern, Lehrlingen, Facharbeitern und Leitern die zur Erhaltung dieser schönen Schmalspurlok beigetragen haben.

Ich möchte heute aber noch den Vorschlag machen in einer ständigen Arbeitsgemeinschaft die Pflege dieser Lok in den nächsten Jahrzehnten auf freiwilliger Basis zu übernehmen. Ich übergebe nun diene sächsische Schmalspurlok den Traditionskabinett unseres Werkes. Mit ihr soll die langjährige Tradition des Raw „Einheit“ als Aufarbeitungswerk für Dampflok auch unter künftigen Generationen wachgehalten werden, und als Demonstrationsobjekt technischer Entwicklung des 19, und 20. Jahrhunderts wirken.

Weihen wir dieses schöne Jugendobjekt dem 40. Jahrestag der Deutschen Demokratischen Republik.

Das abgebildete Foto war im Betriebsbuch der Lok abgeheftet, als es an die IG Preßnitztalbahn e.V. übergeben wurde. Die Aufnahme stammt von Ende April 1989, als die Lok nach ihrer Aufarbeitung (wahrscheinlich auf einem Schmalspurfahrzeugtransportwagen) auf den im Raw errichteten „Sockel“ aufgestellt wurden.

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